Sind in Deiner Ehe die Gefühle weg? Fünf Therapievorschläge

Ein Ehe-Paar, bei dem die Gefühle weg sind
Gefühle weg – Ehe weg? Es gibt wirkungsvolle Gegenmaßnahmen. / Foto: dream.ai

Dass die Gefühle weg gehen, kommt in den besten Ehen vor. Sex? Schon lange nicht mehr. Tiefe Gespräche? Das war einmal. Streit? Klar, täglich – oder aber Schweigen. Gemeinsame Zeit? Lieber gehen wir uns aus dem Weg. Und immer quält einen das Gefühl, dass man sich hier sinnlos das Leben schwer macht, anstatt miteinander Spaß zu haben.

Selbst wenn wir erkennen, wo die Probleme herrühren, haben wir sie damit noch lange nicht gelöst. Vielleicht hat der Stress in jüngster Zeit extrem zugenommen – etwa weil ein Neugeborenes alle Aufmerksamkeit verlangt oder der Job in eine besonders herausfordernde Phase geraten ist. Oder weil man mit eigener Krankheit oder Gebrechen im Familienkreis belastet ist. Oder weil wir uns plötzlich in finanzielle Schwierigkeiten manövriert haben.

Was wir bei einer Trennung verlieren

Die Versuchung ist groß, aufzugeben. Gefühle weg, Ehe weg – oder? Dabei übersehen viele Paare, wie viel sie bei einer Trennung verlieren können. Die schlechten Gefühle überlagern alles. Was man gemeinsam aufgebaut hat, zählt bald nicht mehr. Welchen Eigenanteil wir an der Krise haben, verdrängen wir gerne (was ein besonders großer Fehler ist, weil wir diesen Eigenanteil natürlich in die nächste Partnerschaft mitnehmen und damit neue Krisen riskieren). Und was wir unseren Kindern, wenn wir denn welche haben, mit einer Scheidung antun, ist nochmal ein besonderes Kapitel.

Mit einem schnellen Pflaster oder einer banalen Quick-Fix-Methode lassen sich die Gefühle leider nicht zurückzaubern. Dennoch gibt es funktionierende Schritte für den Alltag, die Du erstmal gehen solltest, damit es nicht zwangsläufig zum endgültigen Schnitt kommt. Fünf davon legen wir Dir nahe:

1. Gehe zurück auf „Los“

Eine Krise übertüncht unser ganzes Leben mit schwarz-grauer Farbe. Das Bunte, das wir in unserer Partnerschaft ja auch erlebt haben, ist nicht mehr zu sehen. Die Gefühle sind weg – und damit auch der Blick für das Gute.

Psychologen sprechen vom Paarmythos, der am Anfang der Liebesbeziehung steht. Es lohnt sich, noch einmal die ganze gemeinsame Geschichte zu betrachten. Wo haben wir uns kennengelernt? Wann gab es den ersten Kuss? Welche schönen Dinge haben wir miteinander erlebt? Wo hat mich mein Partner, meine Partnerin glücklich gemacht (auch wenn das schon eine Zeit zurückliegen mag)?

Der Nutzen dieser Übung ist, die gegenwärtigen Probleme fairer einzuschätzen. Sie sind da, aber sie sind nicht alles. Da war in der Vergangenheit viel mehr – und vielleicht lässt sich manches Gute zurückgewinnen. Diese Chance muss man erst wieder sehen lernen, bevor man sie ergreifen kann.

2. Führe ein Danktagebuch

Eine Freundin erzählte uns, dass ihre Ehe am Ende war. Im Alltag spürte sie keinerlei Verliebtheit mehr, ihr Mann fiel ihr nur noch auf die Nerven. Dann zwang sie sich dazu, ein Danktagebuch zu führen. Sie dachte täglich ein paar Minuten darüber nach, für welche Dinge sie an ihrem Mann dankbar ist. Das fiel ihr anfangs extrem schwer. Aber die Perspektive änderte sich.

Sie entdeckte, wie ordentlich er war und wie gut das ihrer gemeinsamen Wohnung tat. Sie bemerkte, dass er doch oft an sie dachte, ihr zum Beispiel etwas vom Einkauf mitbrachte oder etwas für sie reparierte. Sie staunte, dass er trotz der Krise hier und da Anteil an ihrem Ergehen nahm und sie unterstützte. Jeden Tag wurde es leichter, Notizen ins Danktagebuch zu schreiben – und ihr Blick änderte sich völlig. Für sie war diese Übung der Schlüssel, die guten Gefühle zurückzugewinnen. Die beiden führen bis heute eine vorzügliche Ehe.

3. Dates, wenn in der Ehe die Gefühle weg sind

Eine Krise ist schwer, Dates sind leicht. Das sollten sie zumindest sein. Der Kardinalfehler vieler Ehen besteht darin, dass sie die Leichtigkeit verlieren. Dabei gilt der Satz unseres Freundes David Arp: „Spaß in der Ehe ist eine ernste Sache.“

Verabredet Euch zu einer gemeinsamen Aktion, aus der Ihr die Probleme bewusst ausblendet. Ein Abend, der nur Spaß machen soll – im Kino, beim Schlittschuhlaufen, im Planetarium, beim Tanzen. Niemand spricht die Dinge an, die gerade für Bitterkeit sorgen.

In unserem Buch „Das Emma-Prinzip“ haben wir unter anderem 26 Date-Ideen aufgezeichnet. Wenn Ihr Euch alle zwei Wochen zu einem Date verabredet, reicht das für ein ganzes Jahr! Entscheidend ist, dass Ihr Euch die unbeschwerte Zweisamkeit zurückholt.

4. Weil man irgendwann reden muss: Das 10:10-Gespräch

Die ersten drei Schritte dienen dazu, die alleinige Fokussierung auf Eure Schwierigkeiten abzuschwächen. Eure Zweisamkeit ist mehr als das, was Ihr in der Krise erlebt! Irgendwann wird man sich aber auch den Problemen stellen und vernünftig darüber reden müssen. Wie kann das gehen, wenn alles so zermürbend scheint?

Von Michael Lukas Möller gibt es die Idee des „wesentlichen Zwiegesprächs“, kurz: „Zwie“. Wir schlagen Euch hier eine Kurzform vor, Gedanken zu einer längeren Fassung findet Ihr hier.

• Ihr beide vereinbart einmal in der Woche einen Termin, für den Ihr 20 Minuten einplant.
• Jeder von Euch spricht jeweils 10 Minuten und erzählt von sich: Was Dich gerade bewegt, was Du erlebt hast, wie Du Ereignisse bewertest, was Du Dir wünschst, was Dir zurzeit Angst macht, etc.
• Der Andere darf dabei nicht unterbrechen. Allenfalls Verständnisfragen sind erlaubt. Streng verboten ist jedweder Kommentar, Widerspruch oder sonstige Anmerkungen.
• Nach 10 Minuten wird gewechselt.
• Wer die Zeit nicht ausschöpft, schweigt. Der Partner schweigt mit.

Nach 20 Minuten endet das „Zwie“ – es sollte nicht verkürzt und nicht verlängert werden. Nachfolgende Diskussionen und Gespräche sind zu vermeiden.

Was ist der Nutzen? Ihr übt Euch wieder im Zuhören und lernt etwas über Euren Partner. Ihr sortiert Eure eigenen Gedanken neu und nehmt Euch selbst besser wahr. Ihr versetzt Euch wenigstens wieder für ein paar Minuten in den Zustand des Zugewandtseins. Ihr durchbrecht das Muster des isolierten Nebeneinanderherlebens. Das kann der Anfang für besser Alltagsgespräche sein.

5. Kultiviere körperliche Nähe

Typisch für die Krise ist es, dass man sich auch körperlich aus dem Weg geht, wenn die Gefühle in der Ehe weg sind. Wenn es Euch noch möglich ist, solltet Ihr das durch bewusst gesuchte Berührungen im Alltag durchbrechen. Könnt Ihr Euch zum Abschied oder zur Begrüßung vielleicht doch kurz in den Arm nehmen? Beim Fernsehen auf der Couch ein bisschen zueinanderrücken? Ein flüchtiger Kuss auf die Wange? Manchmal sind es diese kleinen Gesten, die das Eis brechen und dem Partner signalisieren: Ich bin nicht gegen Dich! Ich bin für Dich und bin an einem besseren Miteinander interessiert!

Option Paartherapie

Mit diesen fünf Therapievorschlägen kannst Du ganz schön weit kommen. Sollte es dennoch nicht möglich sein, die Krise zu überwinden, empfehlen wir eine professionelle Paartherapie. Das gemeinsame Gespräch mit einer erfahrenen Therapeutin hat schon viele Ehen auf ein neues Level gebracht. Der Blick von außen hilft beim Einordnen der Probleme, und Therapeuten verfügen über ein Arsenal an Ideen, auf die Ihr oft selbst nicht kommt.

Erfahrene Paare wissen: Krisen sind meistens nur eine Phase. Es wird auch wieder besser. Wenn Ihr den fünf Therapievorschlägen folgt, könnt Ihr die Krise in der Regel deutlich verkürzen. Viel Erfolg dabei!

 

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2 Kommentare

  1. Als ich den Beitrag „Ehe: Gefühle weg – was tun?“ gelesen habe, musste ich unweigerlich an unsere eigene Beziehung denken. Auch wir standen schon an dem Punkt, an dem sich alles grau und schwer angefühlt hat – als wären die Farben, die unsere Partnerschaft einst so lebendig gemacht haben, verblasst. Die beschriebenen Symptome kenne ich nur zu gut: Der Alltag frisst die Leichtigkeit, Gespräche werden oberflächlich, Nähe und Intimität bleiben auf der Strecke. Man lebt nebeneinander her, statt miteinander. Und irgendwann fragt man sich: War’s das jetzt? Ist das das Ende unserer Liebe?

    Was mir an dem Beitrag besonders gefallen hat, ist die Ehrlichkeit, mit der die Situation beschrieben wird. Es wird nichts beschönigt: Gefühle können tatsächlich verschwinden, selbst in den besten Ehen. Das zuzugeben, fiel mir damals schwer. Ich hatte Angst, dass es ein Zeichen des Scheiterns ist. Doch heute weiß ich, dass es vielmehr ein Weckruf ist – eine Chance, innezuhalten und zu reflektieren, was uns als Paar ausmacht und was wir gemeinsam verloren haben.

    Die fünf vorgeschlagenen Schritte haben mich inspiriert, über unsere eigenen Lösungswege nachzudenken. Besonders das Zurückgehen auf „Los“ – also sich an die Anfänge zu erinnern – hat bei uns viel bewirkt. Wir haben uns Fotos angeschaut, alte Nachrichten gelesen und uns bewusst an die kleinen und großen Glücksmomente erinnert. Das hat geholfen, den Blick für das Gute wiederzufinden und die gegenwärtigen Probleme in Relation zu setzen. Plötzlich war da wieder ein Funken Hoffnung, dass nicht alles verloren ist.

    Das Danktagebuch war für mich anfangs eine echte Herausforderung. In einer Phase, in der ich nur noch genervt war, sollte ich aufschreiben, wofür ich dankbar bin? Doch je länger ich es gemacht habe, desto mehr habe ich erkannt, wie viel mein Partner trotz Krise für mich tut. Diese kleine Übung hat meine Perspektive verändert und uns geholfen, wieder mehr Wertschätzung füreinander zu empfinden.

    Auch die Idee, regelmäßige Dates zu vereinbaren, haben wir übernommen. Anfangs fühlte es sich gezwungen an, aber mit der Zeit wurde es wieder leichter, gemeinsam Spaß zu haben. Es war wie ein kleiner Urlaub vom Krisenmodus – und hat uns gezeigt, dass wir immer noch gemeinsam lachen können.

    Das 10:10-Gespräch war für uns ein echter Gamechanger. Endlich mal ausreden dürfen, ohne unterbrochen zu werden, und wirklich zuhören – das hat uns geholfen, uns wieder als Team zu fühlen. Wir haben gelernt, unsere Bedürfnisse klarer zu formulieren und dem anderen Raum zu geben, ohne gleich in die Verteidigung zu gehen.

    Körperliche Nähe war in der Krise schwierig, aber wir haben uns bewusst kleine Gesten erlaubt: eine Umarmung, ein Kuss auf die Wange, ein Händedruck. Es war ungewohnt, aber es hat das Eis gebrochen und uns wieder ein Stück nähergebracht.

    Natürlich gibt es keine Garantie, dass alle Beziehungen gerettet werden können. Aber ich habe gelernt, dass es sich lohnt, um die Liebe zu kämpfen – nicht mit großen Gesten, sondern mit kleinen, alltäglichen Schritten. Und manchmal braucht es auch professionelle Hilfe, um aus festgefahrenen Mustern auszubrechen. Wir haben uns nicht geschämt, eine Paartherapie in Anspruch zu nehmen, und es war eine der besten Entscheidungen für uns.

    Mein Fazit: Gefühle verschwinden nicht einfach spurlos. Sie werden überlagert von Stress, Enttäuschungen und dem Alltag. Aber mit Geduld, Ehrlichkeit und gegenseitigem Respekt kann man sie wiederfinden – vielleicht nicht in der alten Form, aber auf eine neue, tiefere Weise. Ich wünsche allen Paaren, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, den Mut, die Krise als Chance zu sehen und gemeinsam neue Wege zu gehen. Es lohnt sich

    1. Liebe Christine, lieber Gerd,

      eure Worte haben mich tief berührt, weil ich mich so gut in dem wiederfinde, was ihr beschreibt. Es ist, als ob ihr mir aus der Seele sprecht. Auch ich kenne diese Phasen, in denen die Ehe sich anfühlt wie ein Kampf, in dem die Gefühle erkalten und man sich fremd wird.

      Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als ich das erste Mal dachte: „Ist das alles? Soll das so weitergehen?“ Es war ein erschreckender Gedanke, der mich nachts nicht schlafen ließ. Die Vorstellung, dass die Liebe, die uns einst so verbunden hat, einfach so verschwinden könnte, war unerträglich.

      Euer Kommentar macht mir Mut, denn er zeigt, dass ich nicht allein bin mit diesen Gefühlen. Es ist tröstlich zu wissen, dass auch andere Paare solche Krisen durchleben und dass es Wege gibt, wieder zueinanderzufinden. Die fünf Therapievorschläge in dem Artikel sind wie ein Hoffnungsschimmer, ein Leitfaden, um aus der Dunkelheit herauszufinden.

      Ich danke euch von Herzen für eure Offenheit und dafür, dass ihr eure Erfahrungen teilt. Es ist ein Geschenk, zu wissen, dass man nicht allein ist auf diesem schwierigen Weg. Ich werde die Ratschläge beherzigen und versuchen, sie in meiner eigenen Beziehung umzusetzen.

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